Die Musik zum Roman

»Als wir einmal fast erfolgreich waren«

Die Nummer-eins-Hits der deutschen Charts Ende der 70er, waren sowohl bei den Singles als auch bei den Alben, immer noch deutlich geprägt von Disco und anderem Mainstream-Pop, wie beispielsweise ABBA, Boney M., die Village People oder den Bee Gees. Die sich seit dem Summer of ‘77 verbreitende Punk-Bewegung aus Großbritannien und den USA war dagegen nicht vertreten in der breiteren Masse Deutschlands und eher noch in Nischen der Subkultur zu finden. Jedoch konnte die Neue Deutsche Welle, welche quasi als deutschsprachige Version von New Wave und Punk gilt, kontinuierlich an Beliebtheit gewinnen, bis sie 1980 ihren kommerziellen Höhepunkt erreichte. Zwar war der deutsche Schlager zu diesem Zeitpunkt bereits weniger in den Charts vertreten, jedoch in der Bevölkerung immer noch sehr weit verbreitet. Und auch die Musiker*innen der Liedszene waren sehr aktiv, denn diese war bereits in den 60ern politisch geprägt und ging in den 1970ern vollkommen in den gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzungen auf. Neben den bekanntesten Vertretern wie Reinhard Mey, Franz-Josef Degenhardt, Konstantin Wecker oder Wolf Biermann sind hier nicht zu vergessen Anni Becker, Dieter Süverkrüp und Floh de Cologne. Als Beginn der neuen Ära der Liedermacher*innen gilt das Burg-Waldeck-Festival (1964-1969), das als Blaupause für die deutsch Folk- und Liedbewegung gilt.

Die Musik der 1970er Jahre

Speziell in Westberlin prägten auch einige Rockgrößen, die die freie Atmosphäre der Inselstadt anzog, das Musikbild der Stadt. Neben David Bowie und seiner Berlin-Trilogie “Low” (1977), “Heroes” (1977) und “Lodger” (1979) sind hier auch Iggy Pop, Nico, Lou Reed und Brian Eno zu nennen. Im Bereich der deutschsprachigen Musik gab es verschiedene Bands, die das Konzept verfolgten Hardrock mit deutschen Texten zu verbinden, wie beispielsweise die Bands Bel Ami oder Morgenrot. In Bezug auf die Plattenverkäufe war 1978 die Sensation des Jahres die Nina Hagen Band und dem gleichnamigen Debütalbum, wobei Nina Hagens außergewöhnliche Singweise und teilweise provokante Wortwahl bei der konservativen Bevölkerung auf Kritik stoß. Die Bandmitglieder der Nina Hagen Band prägten zuvor die Berliner Szene und waren bereits in den Bands Lokomotive Kreuzberg und Bakmak aktiv. Eine Gruppe, welche mit ihren sozialkritischen Texten besonders im Post-68er-Umfeld als Sprachrohr der linksalternativen Szene galt, war Ton Steine Scherben. Obwohl die Musiker*innen 1975 die Stadt Richtung Friesland verlassen hatten, war ihr Einfluss immer noch zu spüren und mit dem Lied “Macht kaputt, was euch kaputt macht”, lieferten sie einen wichtigen Slogan für Autonome und die Hausbesetzer*innenszene. Das Lied ist auf dem ersten Album der Scherben zu finden (“Warum geht es mir so dreckig”, 1971), welches mit allen Liedern im Bereich des politischen Agitrocks zu verorten ist.  Der nicht minder populäre “Rauch-Haus-Song” (“Keine Macht, für niemand”, 1972) thematisiert die Hausbesetzer*innenszene direkt, da sich das Lied auf die Besetzung des ehemaligen Bethanien-Krankenhauses in Berlin-Kreuzberg bezieht. Das zum Krankenhaus gehörende Schwesternwohnheim wurde von den Besetzer*innen Georg-von-Rauch-Haus genannt, nach dem von der Polizei bei einem Schusswechsel im Dezember 1971 erschossenen Anarchisten Georg von Rauch.

Im benachbarten Gebiet der DDR gibt es einige parallele Entwicklungen, bsplw durch den vermehrten Austausch seit den 60er Jahren mit Bewohner*innen der BRD. Erst Anfang der 70er Jahre gab es einen kulturpolitischen Neuansatz der SED, so sollte es laut Honecker “[…] auf dem Gebiet von Kunst und Literatur keine Tabus geben. Das betrifft sowohl die Fragen der inhaltlichen Gestaltung als auch die Fragen des Stils.” So wurde aber auch Pop- und Rockmusik für propagandistische Zwecke gebraucht, zum Beispiel ab 1970 auf den von der FDJ organisierten Veranstaltungen “Festival des politischen Liedes”, um die Jugendbewegung politisch zu beeinflussen und zu kontrollieren. Auch in der DDR war Ende der 70er Punk und New Wave langsam am wachsen, die Hitparaden wurden jedoch im Wechsel von einer kleinen Auswahl an Rockbands angeführt, ganz vorne mit dabei die Puhdys, City, Karat und Karussell.

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